Nikotinentzug
   
 
  Übersichtstabelle: rauchen als Risikofaktor für div. KH
   
 
Allgemein
   
   
 
Vorgehen richtet sich nach:    
             
  Stadium (Motivation) in dem sich der Raucher befindet    
    ï   Sorglosigkeit / Bewusstwerden / Vorbereitung    
  Ausmass der Nikotinabhängigkeit    
    ï   grob: tägl. Tabakkonsum / Zeit vom Aufwachen bis zur ersten Zigi    
   
 
   
   
 
  allgemein mässig schwer sehr schwer
Menge Zigis / d >10 10-15 15-30 >30
erste Zigi nach Erwachen < 30 Min nach Erwachen >30 Min 5 - 30 Min < 5 Min
Entzug Entzugssymprome bei früherem Absetzversuch      
   
 
  das jeweils schwerste ist Massgebend!   ó   (10-15 Zigis/d, jedoch erste bereits 15 Min nach Erwachen = schwere Abhängigkeit!)
   
 
Argumentarium Teil II
 
  siehe dazu auch "Rauchen als Risikofaktor"
   
 
Reduktion der Gesundheitsrisiken durch Rauchstop / Zeithorizont beim Aufhören  
  Rauchstop senkt va das Risiko für Myokardinfarkt schnell. Nach 5-10J Abstinenz erreicht das Risiko den Wert von Nichtrauchern   RR für GefässSchäden nimmt nach Rauchstop rel. schnell ab!  
    ð   nach durchgemachtem Infarkt führt Rauchstop zu markanter Verbesserung der Überlebensrate (Exraucher dann ungefähr gleich wie Nichtraucher)    
  RR für cerebrovaskuläre Insulte, Aortenaneurismen, periphere GefässKH nehmen proportional mit Abstinenzdauer ab    
  COPD schreitet weniger stark voran, Funktionsverlust/Verlauf des Verlustes an Lungenfunktion nächert sich dem Verlauf von Nichtrauchern an (Steigung) - allerdings bleibt einmal verlorene Lungenfunktion für immer verloren (das gibt dann sozusagen einen stabilen Vorsprung).  
  BronchusCa???        
   
 
ð   bei <20 Zigi/d nimmt Sterberisiko schnell ab und ist nach 10-15 Jahren nicht mehr anders als bei Nichtrauchern.        
ð   bei starken Rauchern mit >20 Zigi/d entwickelt sich die Risikoreduktion langsamer und das Sterberisiko bleibt noch nach 10-15 Jahren leicht erhöht.        
   
 
   
   
 
  innerthalb der ersten 24h, mit Maximum zwischen 24 und 48h; nehmen über 2-4Wochen wieder ab.    
  Gewichtszunahme tritt in ersten Monaten nach Rauchstop auf und bleibt idR unter 4.5kg (kann aber auch 10kg übersteigen!)    
    ï   Wegfall der anorexigenen und den Metabolismus beschleunigenden Wrk. des Nikotins.    
    ï   vermehrte Nahrungsaufnahme (als Kompensationsmechanismus)    
   
 
Symptom Dauer Was tun?
Unstillbares Verlangen, zu rauchen einige Tage
  3-5Min warten, ob es vorbeigeht
  sich mit irgendetwas beschäftigen, sich auf die Arbeit konzentrieren.
  an etwas anderes denken, etwas anderes beginnen
  ein Schluck Wasser trinken, einen Kaugummi oder Bonbon kauen. Etwas essen, zB eine Frucht.
  Eine Entspannungsübung machen.
  mehrmals tief atmen.    
  Die Zähne putzen    
Schwindel 1-2 d Sich vergegenwärtigen, dass das rasch vorübergehen wird
KopfSz unterschiedlich Lernen, sich zu entspannen
Müdigkeit 2 - 4 Wo Körperliche Aktivität, mehr schlafen.
Husten unterschiedlich; (meist <7d) einen Schluck Wasser nehmen.
Druck auf Brust < 7d Sich vergegenwärtigen, dass das rasch vorübergehen wird
Schlafstörungen < 7d Substanzen mit aufweckender Wirkung (Kaffee, Schokolade, Cola) abends meiden.
Verstopfung 3-4Wo viel Wasser trinken und faserreiche Nahrung essen.
Hunger einige Wo Kalorienarme Mittagessen und täglich drei Mahlzeiten einplanen.
KonzentrationsSchwierigkeiten erste 2Wo Etwas anderes tun.
Reizbarkeit unterschiedlich Eine Pause einlegen, einen Spaziergang unternehmen, eine Dusche nehmen, tief atmen, Entspannungstechniken anwenden. viel schlafen, eine Siesta machen, Sport treiben.
Depression unterschiedlich eine angenehme körperliche Tätigkeit ausüben. Die sorgen jemandem mitteilen. Mit dem Arzt darüber sprechen.
   
 
Motivationsstufen und angepasste Intervention
  - Transtheoretisches Modell nach Prochaska et al2
   
 
für alle rauchenden Patienten, die ein Arzt sieht, gilt:
  Rauchstatus abfragen (wieviel, Motivation aufzuhören - bis wann?)
  Raten, mit dem Rauchen aufzuhören (3-5Min)
   
 
Motivationsstufe   Intervention
Sorglosigkeit / Gleichgültigketi
"precontemplation"
  keine ernsthafte Absicht, in den nächsten 6 Mten aufzuhören
  Nutzen aus dem Zigarettenrauchen ist subjektiv wichtiger als die Risiken.
  Der Raucher ist nicht empfänglich für die Botschaft Prävention
ð   ca. 70..80% der Raucher in der CH befinden sich in diesem Stadium
Kurzintervention
sensibilisieren (3-5Min, 1x im Jahr)
ð   Beratung persönlich gestalten:
  Nutzen durch Rauchstop
    kurz- und langfristig, gesundheit, Respekt den anderen gegenüber, Befreiung von Abhängigkeit, Selbstbild, Lebensqualität, Einsparungen, Risiken für sich selbst und andere.
  Dazu anregen, die Gewohnheit in Frage zu stellen
  Hilfe anbieten
    den Entscheid zum Aufhören aber dem PE überlassen
  Broschüre "ich rauche" anbieten
Bewusstwerden
"contemplation"
  der Raucher erwägt ernsthaft, das Rauchen innerhalb der nächsten 6 Mte aufzugeben, aber noch nicht sofort.
  der Raucher ist noch im Zweifel. Der langfistige Gewinn beim Aufhören hat für ihn das gleiche Gewicht wie der unmittelbare Nutzen, den er mit Rauchen erzielen kann.
ð   ca. 20% der Raucher
Intervention von mittlerer Dauer
motivieren (ca. 10Min)
  Beratung persönlich gestalten:
    Nutzen durch Rauchstop, Risiken
  Motivieren
    Das Dafür und Dagegen eines Rauchstopps abwägen
  Probleme diskutieren
    Entzug, Stress, Gewicht, Rückfall, andere Raucher, Verllust an Genuss
  Hilfe anbieten
    den PE aber selbst entscheiden lassen
  Methoden zum Aufhören
    mit erwiesener Wirksamkeit aufzeigen (ärztliche Beratung, Erfahrungsgruppen, medikamentöse Tx mit Nikotin und Bupropion, Dokumentation) und erläutern, welche nicht wirksam sind (Hypnose, Akupunktur)
  Broschüre "aufhören wäre schon gut" anbieten
  Wiederholung in weiteren Konsultationen
Vorbereitung
"preparation"
  der Raucher ist fest entschlossen, in den nächsten 30Tagen mit dem Rauchen aufzuhören.
  der Gewinn, den er aus dem Rauchstop zieht, ist für ihn wichtiger als die unmittelbaren Vorteile beim Weiterrauchen.
  der Raucher sucht Hilfe und/oder Ratschläge
ð   5-10% der Raucher
längere Intervention
helfen (15 - 20 Min)
  In der Entscheidung zum Aufören bestärken
  über Nikotinentzug informieren
  ein konkretes Datum festlegen
    an dem vollständig aufgehört wird
  den Ausstieg vorbereiten
    Rauchutensilien entfernen, informieren
  Unterstützung aus der pers. Umgebung organisieren
  Broschüre "Ich plane den Ausstieg"
  Nikotinabhängigkeit abklären
    Nikotinsubstitution ound/oder Bupropion verschreiben, sofern NA vorliegt
  Rückfälle vorbeugen
    Risikosituationen identifizieren, Strategien für Risikosituationen planen (antizipieren, vermeiden, abwarten, sich ablenken, aus dem Wege gehen), SubstitutionsTx anwenden
  Wiederholung in weiteren Konsultationen
    zB nach 1,2,4 und 8Wo
Handlung
"action"
  der Raucher hat vor weniger als 6Mten mit Rauchen aufgehört
  das Rückfallrisiko ist hoch
  Der Raucher strengt sich stark an, Nichtraucher zu bleiben.
Aufrechterhaltung
"maintenance"
  Der Raucher hat vor mehr als 6Mten aufgehört zu rauchen
  Das Rückfallrisiko nimmt ab.
  Der Raucher strengt sich nur noch wenig an, Nichtraucher zu bleiben.
     
 
   
 
medikamentöse Therapie
  - bei / nach Nikotinabhängigkeit (NA)
   
NA NikotinSubst. Bupropion
mässig
  Kaugummi 2 mg
  Nikotininhaler
  Tablette (Sublingual, Lutschtabl.)
  Pflaster (mittl. oder hohe Dosis)

-

schwer und
sehr schwer
  Pflaster (hohe Dosis)
  Kaugummi 4 mg
  Nikotininhaler
  Tablette (Sublingual, Lutschtabl.)
  Nikotinnasenspray

Bupropion

  ZweifachTx mit 2x Nikotinsubstitution (1. Pflaster und 2. Kaugummi, Tablette, Spray, Inhaler)
  ZweifachTx mit Nikotinsubstitution und Bupropion
   
 
Nikotinersatzpräparate
   
  Nikotinpflaster:   - auf glatter Haut aufkleben, Stelle täglich wechseln!   • K: Nicotinell® (24h), Nicorette® (16h)
        mittlere Dosis    
        zB Nicorette (16h): 10mg x 4Wo, dann 5mg x 2 (max.4) Wo
zB Nicotinell (24h): 14mg x 2 (max.4) Wo, dann 7mg x 2 (max.4) Wo
Dauer insgesamt 6-8Wo, Max. 6 Mte.
        hohe Dosis    
        zB Nicorette (16h): 15mg x 4Wo, dann 10mg x 2 (max.4) Wo, dann 5mg x 2 (4) Wo
zB Nicotinell (24h): 21mg x 4Wo, dann 14mg x 2 (max.4) Wo, dann 7mg x 2 (max.4) Wo
Dauer insgesamt 2-3Mte, Max. 6 Mte.
  Nikotinkaugummi   - 20sek kauen, 1Min in Backentasche liegen lassen, 20sek Kauen usw für 30Min.   • K: Nicorette®, Nicotinell®
        à 2 mg    
        8-15x 2mg /d x 4-8Wo (Max.30/d bezw. ca 1Gummi/h); bei ZweifachTx max. 6Gummi/d. über 4-8Wo reduzieren, Dauer: 2-3, max 6Mte.
        à 4 mg    
        8-15x 4mg /d x 8-12Wo (Max.20/d bezw. ca 1Gummi/h); bei ZweifachTx max. 4Gummi/d. über 4-8Wo reduzieren, Dauer: 2-3, max 6Mte.
  Nikotintablette   sublingual   • K: Nicorette® Microtab,
        Lutschtabletten 1mg/2mg/4mg   • K: Nicotinell®
  Nikotininhaler       • K: Nicorette Inhalter®
  Nikotinnasenspray       • K: Nicorette®
             
rel.KI:
Myokardinfarkt vor <2Wo, instabile Angina Pectoris, ventrikuläre HerzrhythmusStrg, Schwangerschaft, Laktation
             
             
Bupropion
  - Anticraving / Dopa-und Katecholamin- Wiederaufnahmehemmer
        Ret.Tabl. à 150mg 1-0-0 d1..d6 / 1-0-1 d7..7-9Wo   • K: Zyban®
        Tabakstop in der zweiten Woche
        Bei starken UNW (zB SchlafStrg.) zweite Tagesdosis früher geben (8h Intervall müssen aber gegeben sein.)
        ev zweite Dosis bei UNW (zB SchlafStrg, trock.Mund, Schwindel) ganz weglassen
        nur mässig Alkohol trinken
             
absolute KI gegen Bupropion:
Epilepsie, Anorexie/Bulimie, Alkohol- oder Sedativentzug, Hirntumor, MAO-Hemmer
             
CAVE bei Bupropion:
erhöhtes Epi-Risiko bei: Alkoholismus, SchädelHirnTrauma, Schlafmangel, unter Antidepressiva, Neuroleptika, Theophyllin, Tramadol, Malariamitteln, Chinolonen, syst. Steroiden
Risiko für Überdosierung: Leber- und Niereninsuffizienz
CAVE bei SS und Laktation (SSKat.B)
             
Vareniclin/Champix®
  - besetzt Nikotinrezeptoren
  180.-/Monat ("billiger als 1 Päckli/Tag Rauchen")
             
 
Starterpackung/Tritationsphase (1Wo):        
Tage 1–3:   1× tgl. 0,5 mg    
Tage 4–7:   2× tgl. 0,5 mg    
         
ED: Tag 8– Ende der Behandlung:   2× tgl. 1 mg.    
             
  Rauchen bis 2 Wo nach Beginn, erst dann aufhören
             
  empfohlen werden 12 Wochen, bei positivem Ausgang ev. weitere 12 Wochen
  gem. DM/UL reichen idR 2 Mte
   
   
Quellen Verlauf Links
     
1 . Tabakentwöhnung: wie es geht und was es bringt. J. Cornuz. SMF 2004;4(29):764-770 und 792-805 . ok .
2 . Prochaska & Di Clemente: Model of Change; adaptiert nach Basler, ebenf. aus 1 . ok .
4 . Dres U.Löffel & D. Meli, Huttwil . ok .
5 . SMF 2004;4:764-770 . - .
6 . Tabakentwöhnung: Empfehlung für die tägliche Praxis. J. Cornuz. SMF 2004;4(31):792-805 . ok .
7 . Tabaklobby und Kinderfänger - wie cool ist rauchen wirklich? Teil 1, J. Barben. SMF 2011;11(21):370-375 . - .
8 . Tabaklobby und Kinderfänger - wie cool ist rauchen wirklich? Teil 2, J. Barben. SMF 2011;11(22):389-393 . - .
9 . Tabakentwöhnung: Update 2011, Teil 1; J. Cornuz et al. SMF 2011;11(10):172-176 . - .
10 . Tabakentwöhnung: Update 2011, Teil 2; J. Cornuz et al. SMF 2011;11(10):172-176 . - .
. . nix . . .
begonnen . 20.08.04 . SMF Teil 1
aktualisiert: . 22.08.04 . SMF Teil 2
. . 27.04.11 . Champix, renoviert
. . 22.06.11 . div. SMF-Artikel, Pünktli
. . - . -
broken links: . 20.08.04 . (K)
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